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Digitale Nomaden: Thailand | Philippinen VS Spanien

Die Länder Vergleiche basieren auf einer Reihe von Faktoren wie z.B. Erreichbarkeit, Lebenshaltungskosten, Niederlassungsfreiheit für Bürger des Schengenraumes, Gesundheitsversorgung, Sicherheit, Wetterbedingungen und andern Kriterien. In den Nomad-Listen der besten Länder hält Spanien - insbesondere mit Barcelona - Spitzenpositionen.
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Original und Fälschungen

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  • Original und Fälschungen

    Echt oder Fälschung? So erkennen Sie authentische Mallorca-Souvenirs
    Fälschung oder echt von hier – bei vielen Souvenirs ist das gar nicht so leicht zu sagen. Hersteller verraten, wie man Qualitäts-Mitbringsel von der Insel erkennen kann – und wo es sie zu kaufen gibt

    Viele Körbe stammen aus Marokko, einige sind aber auch auf Mallorca handgefertigt

    Souvenirs gibt es auf Mallorca fast wie Sand am Meer. Geradezu aufdringlich präsentieren sich viele Billig-Artikel in den Urlaubsorten. Einige davon geben vor, das authentische Mallorca widerzuspiegeln. Produkte mit dem inseltypischen Zungenstoff-Muster beispielsweise – erst bei genauerem Hinsehen entdeckt man auf dem Etikett unter dem Satz „Inspired by Baleares“ die Worte „Made in China“. Oder die vermeintlich inseltypischen Treibholz-Mobiles im Vintage-Style, die in keinem Touri-Shop fehlen dürfen – deren Einzelteile aber allesamt aus Asien stammen. Nicht zu vergessen die breite Auswahl an Keramikprodukten, die mit südländischem Oliven-Muster und in gewohnt spanischer Tapas-Form Wurzeln von hier suggeriert – in Wahrheit aber Zehntausende Kilometer entfernt in Massen produziert wird. Welche Souvenirs sind also wirklich von hier? Und wo kann man sie kaufen?

    Olivenholz: Exklusiv in Sóller



    Artikel aus Olivenholz sind vor allem bei Deutschen beliebt. Doch nicht alle Produkte weisen die gleiche Qualität auf.

    Miguel Bestard hält nicht viel davon, seine kleinen Meisterwerke im großen Stil an jeder Ecke zu verkaufen. Er ist Profi in der Bearbeitung von Olivenholz. Ob Schneidebretter, Schalen, Besteck, Teller oder Schüsseln – in seinem LadenArtesania Eugenio in Sóller (Av. de Jeroni Estades, 11A) gibt es ein breites Sortiment. „Olivenholz ist wie gemacht für die Küche. Es saugt nichts auf, ist pflegeleicht. Wenn sie gut gemacht sind, halten Olivenholzartikel ein Leben lang“, wirbt der 56-Jährige. Noch immer erfreue er sich an Produkten, die einst sein Großvater Eugenio herstellte. Gut gemacht – das bedeute einen langen Fertigungsprozess. „Zunächst muss das Holz zwei Monate in Wasser gelegt werden, dann mehrere Monate trocknen. Und es sollte nur bei Neumond geschnitten werden“, erklärt Bestard. Erst dann könne mit der eigentlichen Bearbeitung begonnen werden – in Form bringen, schleifen, einölen. „Wer da Arbeitsschritte überspringt oder zu kurz hält, weil er schnell verkaufen will, dessen Produkte gehen nach einigen Jahren kaputt.“

    Eigenen Angaben zufolge ist Bestard der einzige auf Mallorca, der „so viele und schöne“ Olivenholzartikel fertigt. „Alles, was in den typischen Touri-Shops zu haben ist, taugt nicht viel, ich sehe es nicht einmal als Konkurrenz an“, sagt er selbstsicher. Laien den Unterschied zwischen gut oder schlecht verarbeiteten Produkten zu erklären, sei schwierig. „Gute Ware ist schöner, fühlt sich besser an. Letztlich sollten die Leute einfach nur dort kaufen, wo sie wissen, dass dahinter echte Handwerker stehen und keine lieblose Massenfabrikation. Sie müssen einfach auf die Profis von hier vertrauen. Wer Parfüm kaufen will, geht ja auch in eine Parfümerie, und nicht in einen Souvenir-Shop.“ Wer im Artesania Eugenio vorbeischaut, das ganzjährig im Zentrum von Sóller geöffnet hat, kann dort auch weitere qualitative Mitbringsel erstehen. Mallorquinische Babucha-Schuhe aus Lloseta beispielsweise, oder handbemalte Fächer aus Valencia. Einen Onlineshop hat Migeul Bestard nicht. „Aber auf Anfrage versende ich Artikel auch ins Ausland.“ Besonders bei Deutschen kämen die Produkte super an. „Ich habe genug Arbeit, egal, was die Billig-Shops machen“, so Bestard fast trotzig.

    Keramik: Fälschungs-Frust



    Oft imitiert, aber echt besonders schön: Keramik in jeglicher Ausführung. Olleria Roca Llisa

    Deals mit Produktionsstätten im Ausland? Damit machen nicht alle gute Erfahrungen. „Wir haben den Fehler begangen, dass wir vor einigen Jahrzehnten unsere Rohware nach Asien schickten, damit sie sie dort günstig lackieren und dekorieren. Seitdem wimmelt es nur so von Fälschungen. Aber wir sind ja selber schuld“, sagt eine aufgebrachte Mitarbeiterin der bekannten Töpferei Sa Roca Llisa aus Pòrtol (Carrer Sa Roca Llisa, 26) der MZ am Telefon. „In so gut wie jedem Urlauberladen auf Mallorca gibt es Keramikprodukte, und so gut wie alle sind aus Asien“, schimpft sie. Töpferkunst, die von vorne bis hinten in Pòrtol gemacht wurde, verkauft das Familienunternehmen nur im eigenen Laden. „Den Unterschied zu den Fälschungen in den Billigläden kann kein Laie erkennen. Es ist ein Trauerspiel“, so die Frau weiter, wimmelt dann aber ab. „Wir haben viel zu tun, ich muss Schluss machen.“ Durchaus gesprächsbereiter ist Antonio Mesquida, der ganz in der Nähe die Olleria Can Vent führt (Carrer de la Trinitat, 37, Pòrtol). Der Familienbetrieb, den schon seine Urgroßeltern betrieben haben, ist der älteste registrierte der Töpferhochburg Pòrtol. „Natürlich tun uns Imitationen auf dem Markt weh, aber als richtige Konkurrenz betrachte ich sie nicht“, sagt er gelassen. Je nach Klima brauche es vier bis zehn Tage, bis er eine seiner Tonschalen fertiggestellt hat. „Und zum Glück gibt es noch Menschen, die diesen Aufwand wertschätzen.“ Auch er verkauft ausschließlich auf ausgesuchten Messen wie der Töpfermesse Fira del Fang im März und in seiner Werkstatt. „Am besten kommen Interessenten einfach vorbei. Dann kann ich ihnen selbst zeigen, wie die kleinen Makel die Stücke als Unikate auszeichnen.“

    Zungenstoff: Trendig



    Echten Flammenstoff können sogar Laien von Imitaten unterscheiden Teixits Vicens

    Einen wahren Trend erfahren derzeit die mallorquinischen Flammen- oder Zungenstoffe. Ikat, tela de llengües oder roba de llengües nennen sich die mehrfarbigen Musterstoffe. Und es gibt praktisch keinen Souvenir-Shop, an dem die flammenartigen Formen den Kunden nicht von Taschen, Rucksäcken oder Geldbörsen entgegenleuchten. „Das tut schon weh, diese minderwertige Ware dort in Massen hängen zu sehen. Zumal oft auch unsere Designs kopiert werden. Klar trifft uns das“, sagt Guillermo Bujosa von derStoffwerkstatt Artesania Textil Bujosa in Santa Maria (Carrer Bernat de Santa Eugènia, 53). Der Familienbetrieb, den er mit seiner Schwester in dritter Generation führt, ist neben Teixits Vicens in Pollença (Rotonda Can Berenguer,) und Teixits Riera in Lloseta(Carrer Major, 50) die einzige Firma, die noch echte Flammenstoffe herstellt. Erstmals schriftlich erwähnt wurden sie 1740, gehen vermutlich aber auf die Zeit der arabischen Besetzung Mallorcas zurück.

    „Die Unterschiede zu den Fabrikaten aus China sind so gewaltig, dass sie jeder erkennen kann, der informiert ist“, so Guillermo Bujosa. Denn die Herstellung sei eine gänzlich andere. Während es sich bei den Imitaten aus Asien um billige Maschinendrucke handele, bedienen sich die drei Traditionswerkstätten auf Mallorca der Färbetechnik Ikat. Anders als beispielsweise bei der Batik-Technik werden für Ikats keine ganzen Stoffflächen abgebunden, sondern nur einzelne Fäden oder Fadenstränge. Die Stellen, die farbfrei bleiben sollen, werden mit speziellem Papier geschützt. So entstehen die nicht klar umrissenen, flammenartigen Muster. „Die Fälschungen sind alle gleich und ebenmäßig, während echte Ikats Unikate sind und Unebenheiten aufweisen“, so Bujosa. Er empfiehlt unschlüssigen Kunden auch, den Stoff mit der Hand zu befühlen. „Wir verwenden nur Naturstoffe wie Leinen oder Baumwolle. Die nachgemachten Produkte sind meist aus Polyester.“ Außerdem seien nur bei den echten Flammenstoffen auch die Rückseiten der Stoffe gefärbt.

    „In gewisser Hinsicht ist es natürlich auch erfreulich, dass die Flammenstoffe im Trend liegen, dazu trägt die Massenproduktion auch bei.“ Es fehle aber noch an Information. „Je mehr Leute wissen, was es wirklich mit dieser Tradition auf sich hat, umso mehr Leute sind auch bereit, mehr dafür zu zahlen und bei uns zu kaufen.“ Letztlich bemühe man sich, den Fälschungen immer einen Schritt voraus zu sein – und zwar mit neuen Farben, neuen Designs und neuen Mustern. Während Textil Bujosa überwiegend im eigenen Laden in Santa Maria verkauft, sind Taschen, Rucksäcke, Kissenbezüge und vieles mehr vom Mitbewerber Teixits Vicens unter anderem auch in Artà (Art Artà, Carrer Antoni Blanes, 19), Palma (Terra Cuita, Carrer De la Concepció, 5) oder Santanyí (Terra Cuita, Carrer Portell, 3) zu haben.

    Körbe: Marokko oder Mallorca?


    Viele Palmzweig-Körbe stammen aus Marokko, einige werden aber noch immer auf Mallorca geflochten.

    Wenn Yolanda Izquierdo einen Korb flicht, dann braucht sie vom ersten Arbeitsschritt – Palmzweige sammeln – über die Verarbeitung – trocknen, bleichen, zuschneiden –, bis hin zum fertigen llata-Produkt viele Stunden. Kein Wunder, dass die schmucken Körbe rund 60 Euro kosten. „Und da ist der Stundenlohn schon gering“, sagt Izquierdo. In dem Laden Argos Ca’s Sabater, den sie gemeinsam mit ihrem Mann in Cala Ratjada (Avinguda Cala Agulla, 14) betreibt, gibt es aber auch Körbe für den halben Preis. „Die stammen dann aus Marokko“, sagt die zertifizierte Palmblatt-Flechterin. So wie fast alle Körbe und Palmzweig-Taschen, die man in den typischen Urlauber-Shops auf der Insel findet. „Die Technik ist dieselbe, aber die Körbe von hier sind oft etwas heller, etwas ebenmäßiger in der Farbe und oft haltbarer.Trotzdem sieht sie die Ware aus Afrika nicht als Konkurrenz. „Eher als Erweiterung des Sortiments. Ich verziere sie gern, personalisiere sie.“

    Kooperation statt Angst vor der Produktion von auswärts – so macht es auch der Platzhirsch der Palmzweig-Flechtkunst auf Mallorca, die Firma Artesania La Palma. Anfang des 20. Jahrhunderts gründeten die Vorfahren der heutigen Inhaber die erste Verkaufsfiliale mit Namen Son Pocapalla in Capdepera (Carrer dels Segadors Gabellins, 2). „Schon damals begannen wir, Ware für den Verkauf in ganz Spanien zu produzieren. Die 40er und 50er Jahre waren goldene Zeiten“, berichtet Geschäftsführer David Flaquer. Doch dann kam der Tourismusboom und trieb den durchschnittlichen Stundenlohn der Insulaner in die Höhe. „Deshalb haben auch wir in den 1960er-Jahren begonnen, Produkte aus Marokko zu importieren und weiterzuverkaufen. Dort sind die Arbeitskräfte günstiger, die Qualität ist aber ähnlich gut. Zumal das Palmzweigflechten dort genauso Tradition hat wie hier bei uns. Von Fälschungen kann also keine Rede sein.“ Ein kleiner Teil des Sortiments von Artesania La Palma wird aber weiterhin auf Mallorca geflochten. Schon der Tradition halber. „Wenn auf dem Etikett fet a Mallorca steht, dann ist es auch von hier“, so Flaquer. Zu haben ist diese ausgesuchte Ware nicht nur in den eigenen Son-Pocapalla-Filialen in Capdepera und Artà (Plaça Conqueridor, 10), sondern auch in traditionellen Mitbringsel-Läden wie Mimbrería Vidal (Carrer de la Corderia, 13, Palma), Can Garanya (Carrer d’en Joan Lliteras, 40, Manacor), Cas Sarrier (Carrer de sa Lluna, 2, Sóller) oder Ca’n Verdera (Plaça Major, 13, Campos).

    Perlen: Zertifikat gegen Fakes




    Jedem der Schmuckstücke der Perlenfabrik Majorica aus Manacor liegt ein Echtheitszertifikat bei.

    Immer im Trend bleiben, immer mit der Mode gehen, und doch an Altbewährtem festhalten – diesen Balanceakt vollführt auch die Perlenindustrie auf Mallorca seit Jahrzehnten. Größter Fabrikant ist die Firma Majorica aus Manacor. „Wir bringen jedes Jahr neue Kollektionen heraus und aktualisieren unser Sortiment ständig“, so eine Geschäftsführerin der Verkaufsfiliale in Manacor (Via Palma 9). Die Basis für die Perlen liefern seit 1902 Schuppen von Sardinen sowie Alabaster. Dieses marmorähnliche Material wird erhitzt und zwischen rotierenden Metallstäben zu Kugeln geformt – die Kerne der zukünftigen Perlen. Danach erhält die Perle bis zu 16 Lackschichten. Imitationen dagegen hätten oft nur zwei Lackierungen. Wer vor Ort sehen will, wie das geht, kann in die Produktionsstätte in Manacor kommen (Carrer dels Argenters, 77). Über die Geschichte informiert das Museum an der Manacor-Schnellstraße (Höhe km 48). Viele der Arbeitsschritte haben inzwischen zwar Maschinen übernommen, doch noch immer wird jede Perle einzeln mit der Lupe kontrolliert. Auch die Einarbeitung der Perlen in Schmuckstücke erfordert Manpower und Fingerspitzengefühl. „Jedem unserer Artikel ist ein Echtheitszertifikat und eine Garantiebeigefügt.“ Keine Chance für Fälschungen also.

    Siurells: Pfiffig ohne Konkurrenz


    Ein Siurell ist immer ein gutes Mallorca-Mitbringsel Nele Bendgens

    Auch Maria Amengual im Nachbarort Sa Cabaneta freut sich immer über Besuch in ihrem Laden Can Bernadí Nou (Carrer Jaume I, 6). Die 49-Jährige ist eine der wenigen Kunsthandwerkerinnen, die die traditionell-mallorquinischen Tonfiguren Siurells fertigen. Schon als Kind sah sie den Erwachsenen dabei zu, wie sie die weißen Figuren mit den grünen und roten Farbtupfern herstellten. Neben dem Klassiker – einem Mann mit Hut oder einem Reiter – töpfert sie auch Bäcker, Köche, Angler, Cowboys oder Krippenfiguren – eben alles, was die Auftraggeber wünschen. Gemein ist den Siurells – sie dienten ursprünglich als Kinderspielzeug, werden aber mittlerweile oft als Dekoelemente eingesetzt –, dass sie ein Mundstück zum Pfeifen haben. Daher auch der Name: Siular ist Mallorquinisch und bedeutet „pfeifen“. „Ich habe tatsächlich noch nie Fälschungen gesehen. Jedenfalls keine, die als ernsthafte Fälschungen betrachtet werden könnten“, so Amengual. Abgesehen von der Handvoll weiterer Siurell-Töpfer, die auf der Insel tätig sind, kenne sie niemanden, der sich an den außergewöhnlichen Figuren probiere. „Nur meine Siurell-Magnete aus Ton haben sie in China kopiert, allerdings fertigen sie sie dort aus Plastik.“ Zwischen vier und 100 Euro kosten ihre Kunstwerke, die echte Mallorca-Souvenirs seien. Außer in ihrer eigenen Werkstatt sind sie nur in ausgewählten Geschenkartikelläden wie „Típika“ (Carrer d’en Morei, 7) in Palma erhältlich.

  • #2
    Laxe Zollkontrollen in Spanien: Das Milliardengeschäft mit gefälschten Uhren floriert da, wo es Tourismus gibt

    Cool mit der billigen Rolex am Handgelenk schlackern: Gefälschte Uhren bringen Touristen mit, die das für harmlose Mitbringsel halten.
    Dahinter steckt aber ein milliardenschweres organisiertes Verbrechen.

    Ein Beamter der Guardia Civil mit einer gefälschten Uhr, die am Flughafen von Palma konfisziert wurde

    Es knirscht gewaltig, wenn eine gigantische Walze Tausende Uhren plattmacht: Glas splittert, Gehäuse bersten. Solche Zerstöraktionen veranstaltet der Schweizer Uhrenindustrieverband FH. 15 000 Stück waren es vor zwei Jahren. Die Ware? Gefälschte Markenartikel wie von Rolex, Breitling oder Patek Philippe. Der Kampf gilt kriminellen Banden, die damit Milliarden verdienen. Schweizer Uhren werden gern kopiert, weil sie weltweit gefragt sind. Die Schweizer Uhrenexporte erreichten im vergangenen Jahr den Rekordwert von 24,8 Milliarden Franken (etwa wie Euro) - eine Zunahme um 11,4 Prozent. Insgesamt wurden 15,8 Millionen Armbanduhren ausgeführt. 2016 waren es noch 25,4 Millionen. Schon damals gab Schätzungen, wonach doppelt so viel gefälscht wie exportiert wird, aber die wahre Zahl weiß niemand. Mit dem wachsenden Onlinehandel nähmen auch die illegalen Geschäfte zu, sagt Yves Bugmann, Leiter der FH-Rechtsabteilung. Das habe in der Pandemie, als noch mehr Leute den Onlinehandel entdeckten, noch einen Schub bekommen. Die Detektive des Verbands entdeckten jährlich rund eine Million unseriöse Angebote, die dann über die Plattformbetreiber aus dem Netz genommen würden.

    Kein Kavaliersdelikt

    Ein Klassiker bei Touristen ist die Rolex für 20 oder 30 Dollar vom Straßenmarkt oder Strand in Asien. So etwas zu kaufen, sei kein Kavaliersdelikt, wie viele meinten, sagt Eveline Capol, Leiterin der Geschäftsstelle des Schweizer Vereins Stop Piracy. "Sie unterstützen damit die organisierte Kriminalität." Der Verein will Verbraucher sensibilisieren. Viele kämen ins Nachdenken, wenn sie erführen, dass Fälscherware unter übelsten Bedingungen hergestellt werde. Kinderarbeit kann nicht ausgeschlossen werden. Die Industriestaatenorganisation OECD hat für die Schweizer Uhren- und Schmuckhersteller 2021 Milliardenverluste durch Fälschungen errechnet. Schon 2018 seien ihnen 1,7 Milliarden Euro entgangen. Die EU schätzt, dass nachgeahmte Produkte - also auch Kleidung, Werkzeug oder Medikamente - fast sieben Prozent ihrer Einfuhren ausmachen. "Sie sind eine bedeutende Einnahmequelle für kriminelle Vereinigungen", berichtete sie 2021.

    Einsätze bei der WM in Katar

    Für den Uhrenverband sind laut Bugmann weltweit Hunderte Anwälte und Ermittler tätig, auch bei der Fußballweltmeisterschaft in Katar. "Wir konnten die Märkte reinigen." Vor dem Start der WM hätten Detektive gefälschte Ware in Läden ausfindig gemacht. Die Polizei sei dann mit Razzien gefolgt. "Zusammen mit unseren Partnern beschlagnahmen wir jedes Jahr zwei bis drei Millionen Uhren und Begleitmaterial wie Schatullen oder Garantiescheine", sagt Bugmann. Es ist eine gigantische Zahl, aber der Fachjournalist Thomas Gronenthal, der sich seit Jahren mit dem illegalen Markt beschäftigt und nach eigenen Angaben Fälscherfabriken in China besucht hat, lacht darüber. "Das ist die Spitze eines Eisbergs", sagt er. "Für jeden Hersteller oder Händler, dem das Handwerk gelegt wird, tauchen gleich drei neue am Horizont auf." Nach seiner Beobachtung wird viel Gefälschtes in geschlossenen Gruppen in sozialen Medien verkauft. "Manchen Leuten machen Dinge, die kriminell riechen, auch Spaß. Das ist ein bisschen wie Steuerhinterziehung."

    Superklone und Frankenwatch

    In solchen Gruppen geht es nicht um die Strand-Rolex, sondern oft um "Superklone": Fälschungen von hoher Qualität, die auch mal ein paar Tausend Euro kosten. Das ist immer noch ein Bruchteil des Preises vieler echter Uhren. Manche Teilnehmer besäßen sogar auch Originale. "Die haben es nicht nötig, mit einer Fälschung auf dicke Hose zu machen", sagt Gronenthal. Sie bestellten etwa, um die falsche Rolex im Urlaub zu tragen. Das echte Stück sei im Safe. Neben den Superklonen gibt es auch die "Frankenwatch" - in Anlehnung an das Monster von Frankenstein, das aus Leichenteilen geschaffen wurde: Uhren, die teils aus echten, teils aus nachgemachten Teilen bestehen. Der Uhrenverband schult Polizei und Zollbehörden in vielen Ländern, damit sie mehr Gefälschtes erkennen und aus dem Verkehr ziehen. Beim Schweizer Zoll steigen die Zahlen zwar deutlich: 2020 wurden gut 50 Prozent mehr Warensendungenabgefangen als im Jahr davor. 2021 waren es erneut 35 Prozent mehr. In absoluten Zahlen waren es etwa 2021 vergleichsweise wenig: 5959 Sendungen - angesichts von Hunderttausenden Paketen, die allein die Post jeden Tag bearbeitet.

    "Überall, wo es Tourismus gibt"

    Der Zoll sei überall überfordert, sagt Gronenthal. Er schult selbstPfandhäuser oder Juweliere, die gebrauchte Ware verkaufen, damit sie Gefälschtes erkennen können. Er nutze zu Demonstrationszwecken selbst Plagiate. "Ich habe in den letzten Jahren sicher 300 Stücke bestellt - nicht ein einziges Mal ist eine Sendung konfisziert worden." Die Ware werde aus China oft über Länder nach Europa gebracht, die für laxe Zollkontrollen bekannt seien, Spanien etwa. Hotspots für den Umschlag gefälschter Uhren sind nach Angaben von Bugmann die Arabischen Emirate, die Türkei und Länder in Asien. "Auch überall, wo es Tourismus gibt." Hersteller sitzen nach Angaben der OECD vor allem in China (gut 53 Prozent) und Hongkong (24 Prozent). Mit weitem Abstand folgen Singapur und die Türkei.

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